Magazin #28

Einsteigermodelle

Aller Anfang ist teuer – jedenfalls, wenn es um eine komplette Multimedia-Ausrüstung geht. Aber gerade hier ist es möglich, schrittweise aufzurüsten. Wir stellen Geräte und Kombinationen vor, die jedem Budget gerecht werden

Text & Foto – Stephan Sobotta

Multimedial zu arbeiten, heißt leider auch mit vielerlei Technik zu produzieren. Je nach Einsatzzweck und Ziel der Produktion reicht die Kamera allein nicht mehr aus, um die Geschichte zu erzählen. Nach oben ist hier alles offen – im Aufwand wie im Preis. Allen Lösungen gemeinsam ist, dass der Fotojournalist wieder zum Geschichtenerzähler werden kann und dies in einem Maße, wie es vorher kaum möglich war. Die One-Man-Show als Chance und Möglichkeit. Diese Übersicht ist eine Anregung, was es an Geräten gibt, und welche Kombinationen für welchen Zweck sinnvoll sein können. Testberichte lest bitte woanders…

DER EINSTIEG: DIE AUDIOSLIDESHOW

Den Anfang macht sicher die Slideshow, eine Kombination aus Fotos und Audioelementen. Man braucht dazu einen Audiorekorder und natürlich eine Kamera. Dazu Software zum Tonschnitt und ein Programm, um Ton und Bilder zusammenzubringen. Die Kamera ist ja schon vorhanden, bleibt die Frage nach einem preiswerten Audiorekorder. Als sinnvoll hat sich hier beispielsweise die Olympus DS-Serie herausgestellt. Je nach Speicherplatz kosten die kleinen Rekorder zwischen 180 und 280 Euro. Mit einem passablen Stereomikrofon ab Werk stellen sie einen guten Kompromiss zwischen Preis, Leistung und Portabilität dar. Der Tonschnitt kann mit Apples Garageband erfolgen. Zum Zusammenfügen der fertigen Slideshow eignet sich am besten das Tool Soundslides Pro des amerikanischen Fotografen Joe Weiss (www.soundslides.com). Für 69 Dollar ist diese Software das ultimative Werkzeug für Fotojournalisten: Die fertige Tonspur wird geladen und gibt die Länge der Geschichte vor. Anschließend werden die Fotos einfach per Ziehen und Verschieben in der Timeline angepasst. »Export« anklicken: fertig. Soundslides produziert eine eigene Website, die sofort bereit zur Veröffentlichung ist oder in bestehende Websites eingebunden werden kann.

VERFEINERUNG: VIDEO- UND FOTOREPORTAGE

Ein nächster Schritt wäre die Anschaffung einer kleinen Videokamera. Als Beispiel sei hier die Canon HF 100 (ca. 600 Euro) aufgeführt. Auf SD-Karte zeichnet das handliche Gerät Video in Full-HD auf. Zur Tonaufnahme insbesondere von Interviews empfiehlt sich ein Mikrofon mit Richtcharakteristik wie das Røde NTG-2 (ca. 190 Euro). Um das Audiosignal leicht aussteuern zu können, ist ein Adapter von Beachtek (DXA-2S Kostenpunkt knapp 300 Euro) eine sinnvolle Investition. Der kleine Kasten lässt sich unter der Kamera montieren und bietet zwei stabile Drehregler zur einfachen und schnellen Tonaussteuerung. Für Außenaufnahmen empfiehlt sich ein Windschutz (z.B. Røde Deadcat, ca. 40 Euro) für das Mikrofon. Ohne diesen haarigen »Puschel« kann schon ein laues Lüftchen die Tonaufnahme mit Störgeräuschen ruinieren.

So gerüstet lassen sich Interviews auf Video aufnehmen und die Reportage wie gewohnt mit der Spiegelreflex fotografieren. Im Schnitt am Rechner lässt sich dann eine Kombination aus Video und Standbildern herstellen. Der Ton und das dazugehörige Video können gut und preiswert mit Apples Final Cut HD geschnitten werden. Zum Zusammenbau der Standbilder eignet sich wieder Soundslides. Als Ton wird die exportierte Audiospur des fertig geschnittenen Videointerviews verwendet. An Stellen, an denen Videoeinschnitte geplant sind, fügt man zwischen den Bildern Platzhalter ein. Die fertige Slideshow wird aus Soundslides per Videoexport-Plug-In ex- und anschließend in Final Cut importiert. Das Zusammenfügen von Foto- und Videosequenzen ist dann nur noch eine Sache von wenigen Minuten.

DIE KÜR: MULTIMEDIALE REPORTAGE IN BROADCASTQUALITÄT

Die Fortführung vorgenannter Video-/Fotoproduktion ist vor allem in einer Verbesserung der Qualität zu sehen. Einerseits bietet sich hier die Nutzung einer semiprofessionellen Videokamera (z.B. Sony PMW EX1, ca. 6000 Euro oder Canon XH A 1, ca. 2900 Euro) neben der DSLR an, andererseits aber auch die Anschaffung einer DSLR mit Videofunktion (z.B. Canon 5D Mark II, ca. 2500 Euro). Vorteil für die Videokamera ist: Leichteres Handling, da speziell für Videoaufnahme gebaut. Die Nachteile: groß, schwer, teuer. Vorteil für die DSLR mit Videofunktion: handlich, evtl. ohnehin vorhanden, unauffällig. Die Nachteile: umständliche, gewöhnungsbedürftige Bedienung, professioneller Ton ist nur mit Zusatzgeräten möglich. Für die meisten Einsatzzwecke eines Journalisten ist die DSLR mit Videofunktion allerdings erste Wahl. Eine intensive Einarbeitung ist zwar notwendig, um die Qualitäten der Kamera auszureizen, aber der Vorteil der Handlichkeit und Unauffälligkeit hebt sie für mich deutlich im Nutzwert über die semiprofessionelle Videokamera: Nur Geräte, die man dabei hat, nutzt man auch…

TONART

Zur Tonaufzeichnung empfiehlt sich trotz des Mikrofoneingangs der 5D MK II ein professioneller Audiorekorder wie z.B. der Marantz PMD 660 (ca. 460 Euro) in Verbindung mit dem oben genannten Røde NTG 2 Mikrofon. Solange Canon kein Firmware-Upgrade bringt, das die Abschaltung der automatischen Tonaussteuerung ermöglicht, werden externe Audiorekorder unverzichtbar bleiben. Der Marantz bietet eine Phantomspeisung für hochwertige Mikrofone und XLR-Stecker und bringt so die Voraussetzungen für den professionellen Einsatz mit. Die Aufzeichnung erfolgt auf CF-Karte (hat man ja sowieso schon dabei) und arbeitet mit vier AA-Akkus. Der Audiopegel lässt sich über einen griffigen Drehregler einstellen und an einer LED-Leiste an der Oberseite des Gerätes mit einem Blick kontrollieren. Die Tonaufnahme mit dem Marantz und die Videoaufnahme mit der 5D MK II ermöglichen sendefähige Ergebnisse.

BEWEGENDE BILDER

Die Videoaufnahme mit einer Spiegelreflexkamera ist anders – zumindest wenn man das Arbeiten mit Videokameras gewohnt ist. Das Ergebnis muss aber nicht schlechter sein. Durch die durch den großen Sensor ermöglichte geringe Tiefenschärfe leisten Video-DSLRs einen Kinolook, den herkömmliche Camcorder kaum liefern können. Das Videobild ist durch die Verwendung gleicher Objektive dem Foto ähnlich. Kombinationen aus Video und Foto werden so einfacher, das Ergebnis ist einheitlicher. Die Bedienung bei der Aufnahme ist gewöhnungsbedürftig, aber man kann es lernen und beherrschen.

AUSBLICK

Die DSLR mit Videofunktion sollte als modulares System angesehen werden. In Zukunft werden Kombinationen mit Videosuchern und Audioeingängen (z.B. Beachtek DXA-5D) dieses Videosystem erweitern und ergänzen. Beachtek arbeitet zur Zeit sogar an einem speziellen Mikrofon für die Nutzung mit der 5D MK II. Redrockmicro bietet Railsystem an, die es ermöglichen, diese Kameras ähnlich wie herkömmliche Filmkameras einzusetzen. In den nächsten Monaten wird sich hier sicher noch viel bewegen. Dass die Video-DSLR Zukunft haben wird, zeigt beispielsweise auch die Ankündigung des High End Videokameraherstellers Red, in Zukunft eine eigene Video-DSLR produzieren zu wollen.

___
Stephan Sobotta

40 Jahre alt, lebt in Goslar und arbeitet als Multimedia-Journalist. Er hält auch Multimedia-Seminare ab, von Technik bis Dramaturgie. Seine Fotoreportagen werden über die Agentur VISUM lizensiert.
www.stefan-sobotta.de