Magazin #19

Schutz für Pixelmacher

Ein Angriff des Axel Springer Verlages gegen das Urheberrecht wurde vorerst abgewehrt – auch wer digitale Fotos macht, genießt gesetzlichen Urheberrechtsschutz.

Text – Dirk Feldmann

Man möchte es kaum glauben – aber nach dem massiven Vorgehen der Verlage in Hinblick auf die Übertragung von immer mehr Nutzungsrechten an Aufnahmen gegen immer weniger Honorar wird nun auch der Versuch unternommen, das Urheberrecht direkt anzugreifen.

In dem Rechtsstreit einer Fotografin gegen die Bild-Zeitung hat der Axel Springer Verlag jetzt die Auffassung vertreten, digital angefertigte Aufnahmen könnten keinen Schutz gemäß § 72 UrhG genießen, da sie nicht mit Lichtbildern gleichzusetzen seien. Konsequenz: Die Bilddaten könnten vom Verlag ohne Einverständnis des Fotografen beliebig benutzt, bearbeitet und ohne Namensnennung des Urhebers veröffentlicht werden, ohne dass hierfür irgendwelche zusätzlichen Honorare oder Schadensersatz gezahlt werden müssten. Gerade der Axel Springer Verlag – der allen Fotografen, die von ihm beauftragt werden wollen, vorgegeben hat, sich digitale Fotoausrüstungen auf dem jeweils neuesten Stand anzuschaffen – will daraus dann den Nutzen ziehen, dass er damit nur noch »rechtsfreie« Bilddaten bekommt. Wird diese Rechtsauffassung von den Gerichten bestätigt, wäre ein unglaublich weitgehender Schritt zur Ausfüllung der Urheberrechte getan. Die Einnahmen der Fotografen aus digitalen Fotografien, die vermutlich zukünftig den überwiegenden Markanteil darstellen werden, würden drastisch verringert.

Zur Begründung seiner Rechtsauffassung führt der Verlag an, dass die Herstellung einer Bilddatei nicht mit dem Anfertigen eines Lichtbildes oder ähnlicher Erzeugnisse zu vergleichen sei. Der entscheidende Unterschied liege darin, dass die elektronisch gespeicherten Daten im Gegensatz zum belichteten Film nicht unveränderbar seien. Dass die der Anfertigung der Aufnahmen vorausgehenden Vorbereitungen, die Aufnahme selbst sowie die Verwendung der Aufnahme völlig gleiche Arbeitsabläufe beinhalten, sei unerheblich. Wichtig sei allein, dass keine Fixierung als chemischer Prozess, sondern allein eine Elektronenansammlung stattfindet. Dass beide Ergebnisse auf demselben Lichteinfall durch dieselbe Linse beruhen, sei unbeachtlich.

Nicht völlig überraschend gab die Urheberrechtskammer des Landgerichts Hamburg dem Vertreter des Axel Springer Verlages in der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2003 jedoch zu verstehen, dass man diese Unterscheidungen nicht machen werde. Auch digitale Aufnahmen genießen nach Ansicht des Gerichts den vollen Schutz des Urheberrechtsgesetzes. Man habe auch keine Zweifel, dass andere Gerichte dies ebenso beurteilen werden.

Das Landgericht ist damit der Argumentation gefolgt, dass kein Grund ersichtlich ist, warum digitale Aufnahmen einen geringeren Schutz als andere Fotos genießen sollen. Die neuartige Speicherform der digitalen Medien hat keinerlei Einfluss auf die urheberrechtlich zu schützende Leistung des Fotografen und ihre Manifestation in der sichtbar gemachten Aufnahme. Aus diesem Grund hat auch der Gesetzgeber in seiner Urheberrechtsnovelle des Jahres 2002 keinerlei Anlass gesehen, Sonderregelungen in Hinblick auf digitale Medien einzuführen. Vorerst scheint damit dieser Vorstoß der Verwerterseite abgewehrt. Es bleibt zu hoffen, dass die ausformulierte Urteilsbegründung durch deutliche Worte eine Abschreckungswirkung für andere Verlage entfaltet und sich die Fotografen zukünftig nicht der zusätzlichen Problematik ausgesetzt sehen, ständig Rechtsstreite über die Schutzfähigkeit ihrer digitalen Aufnahmen führen zu müssen.