Magazin #04

Was zum Teufel ist A.S.M.P.?

Wie eine der größten Fotografen-Organisation der Welt arbeitet

Text – B.Kannt

Bill Gates ist überrascht und ungehalten: »Was zum Teufel ist der A.S.M.P.?«, fragt er. Gerade hat der ehemalige Kodak-Manager Ray Demolan eine Führungsposition bei Gates Bildagentur Corbis Media dankend abgelehnt – und zwar zugunsten des A.S.M.P.. Gates erhöht flugs das Traumhonorar. Zwecklos: Ray Demolan läßt sich nicht erweichen, und Bill Gates lernt den A.S.M.P. kennen.

Die American Society of Media Photographers (A.S.M.P.) ist einVerband von Fotografen aus den unterschiedlichen Medienbereichen in den USA. 1945 wurde er als Zusammenschluß von Fotojournalisten gegründet. Heute sind von den mehr als 5.000 Mitgliedern etwa ein Drittel im Bereich News, Zeitung oder Magazin tätig. Die Fotojournalisten und die hinzugekommenen Sport- und Architekturfotografen kümmern sich überregional in sogenannten »speciality groups« um ihre speziellen Probleme und Interessen. Außerdem treffen sich Fotografen monatlich in den 37 Regionalbüros.

Um Mitglied zu werden, sind unterschiedliche Voraussetzungen zu erfüllen: Der Bewerber muß eine Mappe vorlegen oder Empfehlungen von zwei ASMP-Mitglieder mitbringen. Das Einkommen muß zu mindestens 50 Prozent aus Publikationen erzielt werden. Zunächst gilt die Mitgliedschaft auf Zeit: Innerhalb von drei Jahren wird entschieden, ob der Aspirant als Vollmitglied aufgenommen wird.

Die Organisation bietet den Fotografen einen umfangreichen Service. Zum Beispiel werden Kunden an Fotografen eines bestimmten Arbeitsgebietes vermittelt. Für 1.200 Dollar im Jahr bekommt das Mitglied ein für Berufsfotografen maßgeschneidertes Versicherungspaket. Haftpflichtschäden, Unfall, Ausrüstungsverlust, Labor- und Transportschäden sind damit abgedeckt. Eine Telefongesellschaft bietet ASMP-Mitgliedern Gebührenrabatte an. Publikationen wie die »business bible« mit Geschäftstips oder Weiterbildungsseminare fördern die Fachkenntnisse der Mitglieder.

Die Hauptarbeit des A.S.M.P. liegt in der kostenlosen Vertretung seiner Mitglieder – vom Brief an den Auftraggeber eines Fotografen bis zu Verhandlungen mit dem Justizministerium, von der telefonischen Rechtsberatung bis zum großen Urheberrechtsprozeß. Um die, in den USA besonders teuren, Präzedenzfälle vor Gericht durchfechten zu können, hat der A.S.M.P. seine »Kriegskasse« mit 150.000 Dollar gefüllt.

Bei der Rechtsvertretung gibt es nur wenige Einschränkungen. Liegen keine schriftlichen Unterlagen vor, sieht auch der A.S.M.P. keine Chance die Rechte eines Fotografen durchzusetzen. Außerdem werden keine Prozesse auf unterster Gerichtsebene im »lower court« geführt, weil in dieser Instanz lediglich die Sachlage geklärt wird.

Heute ist der A.S.M.P. auch international aktiv. Matt Herron, Vorsitzender des International Relations Committee, hat zu Fotografenorganisationen in aller Welt Kontakte geknüpft und plant gemeinsam mit FreeLens ein weltumspannendes Informationsnetz für Fotografenvereinigungen. Das nur für die Organisationen zugängliche Kommunikationssystem soll den Informationsaustausch verbessern und erleichtern. So werden in absehbarer Zeit zwischen Prag, New York, Stockholm, Singapur, Budapest, Oslo oder Amsterdam Nachrichten per Datenleitung versendet. Zur Zeit wird noch an der technischen Entwicklung gearbeitet um das interne System innerhalb des Internet zu ermöglichen.

Ein erster Erfolg ist bereits – auch ohne Datenleitung – zu verbuchen: Ungarische Fotografen hatten sich beklagt, daß sie immer weniger Fotoaufträge bekommen, weil die örtlichen Magazine fleißig Fotos aus amerikanischen Magazinen einscannen und abdrucken. Der A.S.M.P. informierte seine bestohlenen Mitglieder – nun rollt eine Prozeßlawine auf die ungarischen Magazine zu.

Auf die neuen digitalen Techniken reagiert der A.S.M.P. in typisch amerikanischer Manier ­ er mischt mit. Media Photographers Copyright Agency (MPCA) heißt die elektronische Bildagentur des Fotografenverbandes. Gemeinsam mit der Partnerfirma Aplied Graphic Technologies (AGT), den Erfindern der Photo-CD, betreibt der A.S.M.P. die Bildagentur MPCA. Für die technische Entwicklung wurden bereits Millionen investiert. MPCA beliefert Kunden mit digitalisierten Fotos auf CD nach einer thematischen Anfrage oder im Abonnement. Für die Fotografen hat das Vorteile: Ihr Honoraranteil soll bei 70 Prozent liegen (30 Prozent Agenturanteil) und sie können ihre Honorarvorstellungen zu jedem Foto selbst eingeben. (Siehe dazu Interview mit Matt Herron auf Seite 20) Eingegliedert in dieses System ist das Copyright Clearence Center (CCC), das als Instrument zum Schutz des Urheberrechtes dienen soll. CCC kümmert sich um administrative und juristische Fragen und wird ein sogenannter »one-stop-shop« bei dem zentral Urheberrechte vergeben werden. Im Gegensatz zu anderen Ansätzen der Industrie ist MPCA in den Händen von Fotografen und wird sich als eine direkte Konkurrenz zu anderen Anbietern wie etwa Corbis Media entwickeln. Bill Gates wird das nicht erfreuen. Aber jetzt weiß er ja was A.S.M.P. ist.