Auszeichnung
Dr.-Erich-Salomon-Preis 2021

Dr.-Erich-Salomon-Preis 2021 für Hans-Jürgen Burkard

Mit dem renommierten Dr.-Erich-Salomon-Preis zeichnet die Deutsche Gesellschaft für Photographie (DGPh) in diesem Jahr den deutschen Fotografen Hans-Jürgen Burkard aus. Damit würdigt die Gesellschaft einen herausragenden und mutigen Bildjournalisten und seine eindrucksvolle Arbeit als Magazin- und Reportagefotograf aus rund fünf Jahrzehnten.

Seine wichtigsten Arbeiten, stets Ergebnis einer intensiven Zusammenarbeit mit den jeweiligen Textautoren und einer fundierten Recherche und Auseinandersetzung mit der Thematik, beleuchten überwiegend gesellschaftliche Verwerfungen und darin eingebettete menschliche Schicksale.

In Gewahrsam, Porträt eines Jungen und mehrfachen Mörders, 1994. Der Junge und seine Schwestern lebten auf dem Puschkin-Platz in Moskau. Sie spezialisierten sich darauf, Betrunkene zu überfallen, die auf schneeglattem Boden ausgerutscht und hingefallen waren. Sie schlugen ihnen mit Ziegelsteinen auf den Kopf, bis sie sich nicht mehr bewegten und raubten sie aus. Auf diese Weise ermordeten sie mindestens vier hilflose Menschen. Die Polizei hatte Wolodja in Gewahrsam genommen – er wartete auf seine psychisch kranke Mutter, die ihn »freilassen« wollte. Foto: Hans-Jürgen Burkard

Hans-Jürgen Burkard, 1952 in Lahnstein geboren, studierte von 1975 bis 1981 Visuelle Kommunikation mit dem Schwerpunkt Fotografie an der Fachhochschule Dortmund und realisierte bereits während des Studiums Reportagen für Geo und Stern. Rund 10 Jahre lang – bis 1989 – arbeitete er ausschließlich für Geo, wechselte dann als »Fester Freier« zum Stern und wurde einer der ersten akkreditierten westlichen Fotografen in der ehemaligen Sowjetunion.

Burkards Fotoreportagen aus dieser Zeit, wie z.B. »Die Mafia«, die »Rote Armee«, »Stalins lange Schatten«, »In Sibirien«, »Die Kreml-Connection« und viele andere, gaben bis dahin nie gesehene Einblicke in die Tabuzonen dieses Landes. Die turbulenten Zeiten in der Sowjetunion sind ein Schwerpunkt seiner Arbeit, sodass Russland, wie Hans-Jürgen Burkard sagt, »seine zweite Heimat« geworden sei.

The Cross Gefängnis, St.Petersburg, 1991. Besonders gefährliche Häftlinge, Mitglieder der berüchtigten St. Petersburger Banden, schauten bei der Verteilung ihres Mittagessens neugierig hinter der Klappe in der Zellentür hervor. Das St. Petersburger Untersuchungsgefängnis »IZ 45/1«, genannt »Das Kreuz«, wurde schon zu Zeiten der Zaren am Ufer der Newa gebaut. Die Häftlinge in hoffnungslos überfüllten Zellen warten manchmal jahrelang auf einen Prozess. Foto: Hans-Jürgen Burkard

»Jenseits von Kreml und Rotem Platz« – ein gemeinsames Buch mit Katja Gloger – erschien 1995 im Schirmer Mosel Verlag. Drei Jahre später folgte ein Stern Portfolio mit Hans-Jürgen Burkards »Bilder aus schamlosen Zeiten« (Russland 1989-1996).

Wichtig sei es ihm, mit seiner Arbeit ein »möglichst großes Publikum zu erreichen«, er fotografiere »nicht für Eliten«. Seine Bildsprache, meist mit Weitwinkel mitten im Geschehen, in Farbe und inhaltlich auf den Punkt, müsse auch für »normale Betrachter« gut lesbar sein.

In den Gängen der Metro, Moskau, 1993. Kleine Freuden für die Menschen. In den dunklen Gängen der Moskauer Metro schenkt der Designer Andrei Bartenev sein strahlendes Lächeln. Und sein Anzug mit gewagter Knopfleiste kommt auch bei der Bäuerin aus der russischen Provinz gut an. Foto: Hans-Jürgen Burkard

Burkard wurde für seine Reportagen mit international renommierten Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem World Press Photo Award (1991 und 1992) und dem Infinity Award of Journalism des ICP International Center of Photography, New York (1994). Seine Reportagen wurden in allen bedeutenden Magazinen der Welt nachgedruckt. Seit 2012 ist Hans-Jürgen Burkard Mitglied der DGPh.

Sein letztes und aktuelles Langzeitprojekt widmet er seinem Heimatland, zu dem er dadurch einen neuen Zugang fand: »An Tagen wie diesen« verbindet Liedtexte jüngerer deutscher Sänger und Gruppen mit assoziativen Fotografien zu einem fotografischen Porträt deutscher Zustände und Befindlichkeiten. Das gleichnamige Buch erschien 2020 in der Edition Lammerhuber.

Die Preisverleihung wird Ende September in Hamburg stattfinden.