Magazin #29

Bye Buy Out

Es scheint, als steckten Medienunternehmen den Großteil ihrer Kreativität in Produktionsverträge, die uns nur noch die Hülle der Urheberrechte lassen. Deshalb haben Freischreiber, Illustratoren Organisation und FREELENS ihre Kreativität gebündelt: Der Schwerpunkt dieser Ausgabe ist eine Gemeinschaftsproduktion

Editorial – Kai Schächtele, Manfred Scharnberg & Tim Weiffenbach

»Nur der guten Ordnung halber« – diese Formulierung ist in Verlagskreisen im Moment so etwas wie ein Mantra. In Anschreiben, in Verträgen, überall ist sie zu lesen – fast egal von welchem Verlag die Dokumente stammen. »Nur der guten Ordnung halber« teile man mit, dass ab sofort Fotos und Texte unendlich oft in unendlich vielen Publikationen verwendet werden können. Unter guter Ordnung verstehen die Absender allerdings auch, dass für die unbegrenzten Möglichkeiten nur ein überschauberes Honorar zu zahlen ist.

Unübersehbar ist dafür, dass mit solchen Knebelverträgen und Sparprogrammen die Partnerschaft zwischen Verlagen und ihren Lieferanten immer weiter aufgekündigt wird. Ein fairer Umgang zwischen Verlagen und denjenigen, auf deren Arbeit die Unternehmen mehr denn je angewiesen sind – das war einmal. Harte Zeiten, harte Bandagen.

»Als Chefredakteur ist man heute mehr Manager als früher«, so beschrieb Patricia Riekel, die Herausgeberin der Burda Style Group, das Blattmachen im 21. Jahrhundert. Durch die Ökonomisierung der Medien kommt allerdings der Journalismus unter die Räder, er kann seinen publizistischen Auftrag immer schlechter erfüllen. Denn die Medien unterwerfen sich den ökonomischen »Zwängen« – was übersetzt überhöhte Renditeerwartungen bedeutet. Investoren fordern von Medienunternehmen inzwischen Renditen, die man bislang im Mediensektor nicht kannte. 2008 erzielten nur vier deutsche Topunternehmen mehr Umsatzrendite als die Axel Springer AG: sensationelle 20,9 Prozent Netto-Rendite – zugegebenermaßen in einem Rekordjahr mit besonderen Umständen. 2009 werden die allgemein dramatischen Anzeigenrückgänge sicherlich auch hier negativ zu Buche schlagen.

Doch die eigentlichen Verlierer der gegenwärtigen Krise sind die freien Mitarbeiter. Ohne sie kommt keine Publikation aus. Äußerst kostengünstig liefern sie ihre Produkte seit etlichen Jahren zu real gesunkenen Honoraren. Und nun brechen nicht nur Aufträge weg, Verlage versuchen zudem, ihnen bei der Mehrfachverwertung einen Strich durch die Rechnung zu machen. Eine Rechnung, die nötig ist, damit Freiberufler finanziell zurecht kommen. Das Argument, das früher für magere Honorare herhalten musste – Freie könnten ihre Arbeiten ja mehrfach verwerten – gilt auf einmal nicht mehr. Totaler Ausverkauf ist das Gebot der Stunde – zu Schnäppchenpreisen.

Dass sich für diese Ausgabe unsere drei Verbände zusammengetan haben, war aber nicht nur ein Gebot der Stunde. Denn gerade jetzt kommt es darauf an, dass die Kreativen das Heft selbst in die Hand nehmen. Auf die Kreativität der Verlage müssen wir mit unserem Ideenreichtum reagieren, um uns selbst zukunftsfähig zu machen. Sich gegen den Buy-Out-Irrsinn zu wehren, ist das eine. Sich darüber Gedanken zu machen, wo unsere künftigen Geschäftsfelder liegen, das andere. Denn wenn die Verlage merken, dass es nicht reicht, nur im Ausarbeiten von Verträgen kreativ zu sein, werden sie wieder um unsere Mitarbeit werben. Und dann müssen wir uns von ihnen so weit emanzipiert haben, dass wir die Bedingungen selbst gestalten können.