Magazin #05

Sag mir, wo die Bilder sind

Ohne sie läuft kaum noch etwas: Ein Blick in Illustrierte, Zeitung oder Buch zeigt, daß die Bebilderung heute ohne die Arbeit von Agenturen fast undenkbar ist. Die Agenturen sind die Umschlagplätze für Fotos, hier »treffen« sich Angebot und Nachfrage

Text – Alfred Büllesbach

Im Grunde steckt dahinter ein Prinzip, das sowohl dem Fotografen wie auch dem Kunden Vorteile bietet: Viele Fotografen können kaum die nötige Zeit aufbringen, sich auf eigene Faust um die Vermarktung ihrer Bilder zu kümmern. Dazu kommt, daß eine Agentur ungleich bessere Kundenkontakte hat, sich mit dem Know-how der Vermarktung weit besser auskennt. Dazu kommt eine eingespielte Verhandlungspraxis mit Kunden.

Vorteile haben auch die Kunden: Das umfassende Angebot der Agenturen erleichtert die Suche nach Fotos. Ein Anruf schafft den Zugriff auf große Bildbestände, die Abwicklung in Sachen Lizensierung ist professionell.

Allerdings ist das, was sich hinter dem Oberbegriff Agentur verbirgt, nicht so einheitlich, wie es scheint. Unter den Bildanbietern gibt es sowohl den Einmann-Betrieb wie auch das verlagseigene Archiv. 100 Bildagenturen sind im Mitgliederverzeichnis »Bildquellenhandbuch« des Bundesverbandes der Pressebildagenturen und Bildarchive (BVPA) verzeichnet. Doch dazu kommen mindestens weitere 300 Bildanbieter –meist Bildagenturen und einzelne Fotografen, die sich als Bildarchiv deklarieren, aber auch öffentliche Bildarchive und eben die Verlagsarchive.

Die neueste Ausgabe des Nachschlagewerks Picture Research – Photo Agencies and Libraries nennt für Deutschland sogar rund 4700 Bildanbieter. Da die Grenzen zwischen selbstvermarktenden Fotografen und kleinen Bildagenturen fließend sind, lassen sich tatsächliche Zahlen kaum ermitteln – ebensowenig wie die Umsätze der Branche. Der BVPA hofft, im nächsten Jahr nach einer Mitgliederbefragung erstmals Zahlen über die wirtschaftliche Bedeutung dieses Bereichs vorlegen zu können.

WER IST WER

Im allgemeinen Sprachgebrauch ist die Bezeichnung Bildagentur ein Sammelbegriff für Unternehmen, die einen Rechteverkauf an Bildern betreiben. Die Unternehmen selbst nennen sich Bilderdienst oder Bildarchiv, Pressebildagentur, Fotoagentur, Fotoservice, Universalarchiv oder Farbdiaagentur. Diese Bezeichnungen sollen Auskunft über eine bestimmte Branchenorientierung geben, teilweise haben sie historische Wurzeln. Klare Definitionen beziehungsweise Abgrenzungsmerkmale, die den Unternehmen bestimmte Funktionen zuordnen könnten, gibt es nicht. Dennoch lassen sich die Agenturen unterscheiden:

BILDBESTAND

Alleine die im BVPA organisierten Agenturen verfügen über fast 90 Millionen Fotos. Das Profil einer Agentur wird vor allem an der Art des Bildbestandes deutlich. Die wichtigsten Kategorien sind: Pressefotos, historische Fotos, Universalarchive, Spezialarchive und Verlagsarchive. Am meisten verbreitet sind Agenturen im Bereich Journalismus sowie Universalarchive, die von geographischen Themen bis hin zu People-Aufnahmen das komplette Spektrum der Printmedien beliefern können. Während einige Agenturen nur selbst produziertes Material vertreiben, werden andere Agenturen von einem großen Kreis internationaler Fotografen und Partneragenturen beliefert.

SERVICEANGEBOT

Für Fotografen und Kunden dürfte neben dem Bildbestand das Serviceangebot wichtigstes Kriterium bei der Agentur-Suche sein. Das Angebot der Dienstleistungen reicht von der Bebilderung kompletter Buchreihen bis hin zur ausschließlichen Repräsentanz einzelner Fotografen. Es gibt Agenturen, die gegenüber Fotografen als Auftraggeber auftreten und solche, die nur das Material ihrer Vertragsfotografen vermarkten. Während gerade im aktuellen Pressebereich Agenturen laufend Material, oft sogar im Abonnement an feste Kunden, anbieten, treten andere gar nicht oder nur mit Teilen ihres Bildmaterials aktiv an Kunden heran. Unterschiedlich werden auch die Investitionen in digitale Technik oder die Produktion von Bildkatalogen gehandhabt.

EIGENTÜMERSCHAFT

Neben der inhabergeführten privaten Agentur unterschiedlichster Größe gibt es öffentlich-rechtliche Agenturen sowie Verlagsagenturen, oft auch sogenannte Nachdruckdienste. Fotografenagenturen sind im Besitz von meist mehreren Fotografen.

ÜBERANGEBOT

Die Zahl der Fotografen steigt, täglich wird neues Material produziert – und durch die Datenvernetzung wird das Bildangebot zusätzlich erhöht. Bald ist es für deutsche Bildredakteure kein Problem mehr, in ausländischen Bildbeständen via Online nach Fotos zu suchen und sich direkt auf ihre Rechner überspielen zu lassen. Spezialisierte Agenturen werden in diesem Wettbewerb Vorteile haben. Für Fotografen wird daher die Zusammenarbeit mit einer Agentur immer wichtiger werden. Kunden werden gerade wegen des Überangebots auf individuelle Beratung zurückgreifen.

INVESTITIONSDRUCK

Der Einstieg in die digitale Fotowelt ist mit hohen Kosten verbunden. Das bedeutet: Große Archive können sich erhebliche Wettbewerbsvorteile verschaffen, und für kleinere Agenturen stellt sich die Frage nach der Rentabilität. Damit wird die Vielfalt der Branche eingeschränkt. Da Fotografen kaum in der Lage sein werden, diesem Investitionsdruck standzuhalten, wird die Vermittlertätigkeit der Agenturen an Bedeutung gewinnen.

COPYRIGHTFREIE CDs

Foto-CD’s bieten für wenig Geld hunderte von Fotos inklusive aller Nutzungsrechte. Die Basis des bisherigen Bildgeschäfts, nämlich der Verkauf einzelner Nutzungsrechte, wird so zerstört. Zu den Verlierern gehören die Fotografen – sie können durch den Verkauf ganzer Bildpakete zwar kurzfristig verlockende Pauschalsummen kassieren, zerstören jedoch langfristig die Grundlage ihrer Existenz, weil sie wichtige Rechte aufgeben.

CLEARINGSTELLLEN

Für Multimediaprodukte müssen oft gleichzeitig Lizenzen unterschiedlichster, urheberrechtlich geschützter Werke eingeholt werden – von Musik-, über Text- bis zu Bildrechten. Um den Aufwand dabei möglichst gering zu halten, fordern Industrie und Politik sogenannte Clearingstellen. Hier sollen Informationen über Werke, deren Urheber sowie Möglichkeiten des Rechteerwerbs zentralisiert werden. Eine solche zentrale Auskunftsdatei ist einerseits zu begrüßen. Andererseits ist darauf zu achten, daß weder neue Monopole, noch Mechanismen staatlich gelenkter Zwangslizensierung entstehen, die nicht mehr individuelle Leistungen berücksichtigen. Abgesehen davon, daß Bildagenturen in vielerlei Hinsicht bereits solche Clearingstellen sind, ist eine gemeinsame Datenbank des BVPA mit anderen Verbänden denkbar. Damit könnten schnell Informationen über Bildbestände und deren Rechtssitutation erfragt werden.

LICHT IM AGENTURWALD

Das hat doch was: Die Bilder verstauben nicht in der Ecke oder müssen mühevoll selbst verwertet werden. Statt dessen gibt es da ein Büro, das sich um alles kümmert – und Geld gibt es dafür auch noch. Rund die Hälfte der FreeLenser gehört zu jenen Fotografen, die sich ohne die Hilfe einer Agentur, eines Bildarchivs durchschlagen. Dabei kann alles so einfach sein – wenn einige Grundregeln beachtet werden.

Zuerst gilt es, die eigene Arbeit objektiv zu begutachten. Geht es dabei zum Beispiel vor allem um Reportage, um Sport oder vielleicht um bekannte Gesichter? Ist das geklärt, sollte das eigene Programm mit denen der Agenturen verglichen werden. So genau wie möglich.

Haben sich dann geeignete Agenturen herauskristallisiert, gilt es, deren Arbeitsweisen und Aufnahmevoraussetzungen in Erfahrung zu bringen. Eins vorab: Die horrenden Einstiegs-Summen von einst sind nicht mehr die Regel. Aber in Sachen Geld gilt es doch einiges abzuklären. Zum Beispiel, ob der Agentur-Fotograf für Duplikate aufkommen muß, ob und wie er sich an den Katalogen finanziell beteiligen muß. Und natürlich auch, wie die Verteilung der Einnahmen zwischen Agentur und Fotograf geregelt ist.

Dann ist da noch die Frage, was die Agentur leisten kann. Wen beliefert sie, sind es vor allem Redaktionen oder Werbeagenturen? Auch die Aufmachung und Erscheinungsweise des Kataloges ist wichtig. Wie wird der Fotograf darin präsentiert? Gibt es Partneragenturen in anderen Ländern? Herrscht regelmäßiger Austausch zwischen den beiden Partnern, erfährt der Fotograf, was die Kunden gerade am meisten fordern? Manche Agenturen verschicken sogenannte »Most wanted«-Listen.

Selbst wenn es vorerst um den Beginn einer Zusammenarbeit geht, sollten die Formalitäten für eine »Scheidung« geklärt sein.

Wichtig ist, wie es mit den Kündigungsfristen aussieht, ob es dann die eingelieferten Bilder zurück gibt und welche Gebühren anfallen.

Um all das zu klären gibt es auch vor den eigentlichen Verhandlungen mit der Agentur Möglichkeiten. So läßt sich in Gesprächen mit Kollegen herausbekommen, wie die Stimmung in dem jeweiligen Laden ist, ob Druck von oben oder offene Kollegialität herrscht. Auch ein Gespräch mit einem Angestellten im Büro der Agentur kann helfen herauszubekommen, ob man wirklich in den Laden paßt. Ansprechpartner soll heißen: Fotografen ­ in den Agenturen können über das FreeLens-Büro vermittelt werden.