Magazin #20

Wenn das Labor pfuscht

Graue Schleier statt bunter Bilder – die Ursache ist klar, die Haftungsfrage aber nicht.

Text – Dirk Feldmann

Der Fall ist bekannt und wiederholt sich immer aufs neue: Entwickelte Filme kommen aus dem Labor zurück – und sind nicht verwertbar. Es wurde falsch entwickelt, Wässerung und Trocknung wurden mangelhaft durchgeführt oder die Filme zerschnitten. Die Aufnahmen sind verdorben, und der zu ihrer Herstellung betriebene Aufwand war nutzlos. Ganze Reisen wurden vergeblich durchgeführt, Buchprojekte fallen in sich zusammen.

Wer in solchen Fällen sofort den entstandenen Schaden kalkuliert und dem Labor eine entsprechende Kostenforderung präsentieren will, sollte vorher die Rechtslage prüfen. Regelmäßig erfolgt als Antwort auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen das Angebot des Labors, das wertlos gewordene Filmmaterial durch neue Filme zu ersetzen. Im Übrigen wird auf die eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) verwiesen, die fast immer die Haftung auf vorsätzliche und grob fahrlässig begangene Verletzungshandlungen beschränken und als Schadensersatz eben die Leistung von Filmmaterial vorsehen. Ob man sich hiermit abspeisen lassen muss, hängt davon ab, inwieweit die AGB des Labors tatsächlich wirksam vereinbart worden sind und einer Inhaltskontrolle standhalten.

Die Vereinbarung der AGB kann auf unterschiedliche Weise erfolgen. Häufig geschieht dies durch Aushang in den Geschäftsräumen des Labors. Wenn dieser Aushang nicht zu übersehen und gut lesbar ist, reicht die Möglichkeit der Kenntnisnahme aus. Ansonsten finden sich die AGB regelmäßig auf dem Abholausweis oder einem auszufüllenden Auftragsformular. Durch Entgegennahme dieser Unterlagen ist die grundsätzliche Vereinbarung erfolgt – dennoch ist damit der Inhalt der einzelnen Klauseln nicht ohne weiteres verbindlich: AGB dürfen nämlich den Fotografen weder überraschen noch unangemessen benachteiligen. Dies ist immer dann fraglich, wenn das Labor besonderes Vertrauen hinsichtlich der von ihm zu erbringenden Leistungen in Anspruch nimmt. Wer also als Fachlabor damit wirbt, höchste Ansprüche des Profifotografen zu erfüllen, kann unmöglich seine Haftung nur auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränken.

Die Rechtsprechung ist sich einig, dass ein Vertragspartner, der eine den Bedürfnissen der Profifotografen besonders angepasste Leistung verspricht, für deren mangelfreie Durchführung haften muss. Es wäre völlig überraschend, wenn einerseits die professionelle Entwicklungsleistung angepriesen, andererseits für deren Erbringung eine drastische Haftungsbeschränkung vereinbart würde. Profilabore müssen daher trotz eventueller Klauseln der AGB für die korrekte Entwicklung gerade stehen – ihnen ist bekannt, dass eine unsachgemäße Entwicklung in den meisten Fällen dazu führt, dass die Aufnahmen nicht mehr verwertbar sind und insbesondere die professionelle Nutzung verhindert wird.

Der Umstand, dass die den Fachlaboren anvertrauten Aufnahmen üblicherweise der kommerziellen Verwertung zugeführt werden, macht nach Ansicht der Gerichte deutlich, wie außerordentlich wichtig in diesem Bereich eine fachgerechte Entwicklung der Filme ist – deswegen werden sie ja gerade einem Profilabor zur Weiterverarbeitung übergeben. Das Labor muss daher die ihm obliegende besondere Sorgfaltspflicht beachten. Im Gegenzug bedeutet dies, dass der Fotograf, der seine Filme aus Kostengründen in Massenlabors entwickeln lässt, gegebenenfalls nicht mit einem Schadensausgleich rechnen kann, der über den Ersatz des Filmmaterials hinausgeht.

Der Umfang des von einem Profilabor zu zahlenden Schadensersatzes ist im Einzelfall zu ermitteln. Die Begrenzung auf Ersatz des unbrauchbar gewordenen Filmmaterials wäre jedenfalls unangemessen und ist in den AGB-Klauseln insoweit unwirksam. Zu ersetzen ist der dem Fotografen entstandene Schaden – und der kann einerseits darin bestehen, dass die für die Herstellung der Aufnahmen erbrachten Aufwendungen nutzlos geworden sind. Hierzu gehören die Kosten für die Modelle, Mitarbeiter, Reisen, Anmietung von Locations und Equipment sowie die eigene Arbeitsleistung. Andererseits wird regelmäßig ein mit den Bildern zu erzielender Gewinn entgangen sein – sei es, dass bereits Veröffentlichungshonorare zugesagt waren oder diese durch Angebot auf dem Fotomarkt erzielt werden sollten.

Im Einzelfall kann der Nachweis des eingetretenen Schadens höchst schwierig sein. Insbesondere, wenn gar nicht erkennbar ist, was auf den Aufnahmen zu sehen war, ist die Feststellung nur sehr schwer zu treffen, welche Honorare dem Fotografen mangels Verwertbarkeit entgehen. Vor diesem Hintergrund ist durchaus daran zu denken, besonders aufwendige und kaum zu wiederholende Produktionen in zumindest zwei Tranchen entwickeln zu lassen.

___
Dirk Feldmann
ist seit 21 Jahren als Anwalt tätig und hat sich auf medienrechtliche Fälle spezialisiert. Er berät den FREELENS-Vorstand bei dessen Tätigkeit. Auch Vereinsmitglieder können bei ihm kostenlos Rat einholen.