Magazin #33

Wir sind jedenfalls der Meinung, dass…

Wie lässt sich das Urheberrecht zeitgemäß reformieren? Werden die Belange der Fotografen ausreichend berücksichtigt? Rechtzeitig zur Bundestagswahl 2013 wollte FREELENS wissen: Welche Ansichten vertreten die großen Parteien? Reaktionen auf einen Fragebogen von FREELENS.


In den letzten Monaten wurde ausgiebig über die Notwendigkeit einer Urheberrechtsreform diskutiert. Die Netzgemeinde hat reichlich Staub aufgewirbelt mit ihren Forderungen von der Abschaffung des Urheberrechts bis zur Vergesellschaftung kultureller Werke. Die Autoren veröffentlichten ein Manifest in den Feuilletons der deutschen Tageszeitungen, über die GEMA wird sowieso schon seit langem gestritten. Dieses Magazin setzt sich ausführlich mit verschiedenen, besonders für Fotografen interessanten Aspekten der Rechtssituationen auseinander. Es gibt einer speziellen Berufsgruppe eine Sammlung von Argumenten an die Hand, mit der diese ihren Standpunkt besser vertreten – und auch selbst Lobbyarbeit betreiben – kann.

FREELENS ist auf die Politiker zugegangen, um bei ihnen das Bewusstsein dafür zu schärfen, welche Aspekte in den gegenwärtigen Auseinandersetzungen um das Urheberrecht zu kurz kommen oder gar nicht bedacht werden. Der Fragebogen spricht Praxisthemen an, die für das fotografische Berufsfeld essentiell sind – Urheberrecht zum Anfassen.

Abgeordenete aller großen Parteien haben sich die Mühe gemacht, auf die Fragen zu antworten, so dass jetzt im Hinblick auf die diesjährige Bundestagswahl jeder die Möglichkeit hat, sich ein eigenes Bild von den Positionen der Politik zu machen. Die unterschiedlichen Antworten und Ausführungen als eine Art »Wahlomat« zu präsentieren, ist leider nicht in einer vollständigen Form möglich – da Bruno Kramm von der Piratenpartei seine Antworten bisher noch nicht geschickt hat. Sollte er diese noch nachreichen, werden wir sie gemeinsam mit den ungekürzten Fassungen der anderen Politiker auf unserer Website veröffentlichen.

Wie so oft, bewegen sich manchmal auch noch Dinge, mit denen man schon nicht mehr gerechnet hat. So haben sich in der Zeit zwischen dem Versand der Fragebögen und dem Druck des Magazins der DJV und Verdi mit dem Verlegerverband BDZV nach über zehnjährigen Verhandlungen auf gemeinsame Vergütungsregeln für freie hauptberufliche Fotojournalisten an Tageszeitungen geeinigt. Im Fragebogen hieß es noch »…eine Einigung ist nicht in Sicht« Die am 1.5.2013 in Kraft getretenen Vergütungsregeln sind nach Auffassung von FREELENS allerdings nicht dazu geeignet, eine angemessene Vergütung sicherzustellen. (Die Stellungnahme von FREELENS und VDS finden Sie hier.) Wir hoffen, dass die Diskussion sachlich weitergeführt wird!

 

Nachgefragt I

 

Es wird diskutiert, die geltenden Schutzfristen für Werke zu verkürzen oder gar abzuschaffen. Werke genießen heute bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers Schutz. Würde dieser verkürzt oder abgeschafft, wären die Urheber der einzige Wirtschaftszweig, der mit seinen Werken keine Nachhaltigkeit erzielen dürfte. Urhebern fiele es damit schwerer, mit ihren Werken für ihre Nachfahren zu sorgen, als auch zu bestimmen, ob und wie und in welchem Kontext das Werk weiterhin veröffentlicht werden soll.

Halten Sie die bestehenden Schutzfristen für angemessen? Wer hätte einen Vorteil von verkürzten oder abgeschafften Schutzfristen? Wie wollen Sie es den Kindern verstorbener Urheber erklären, dass geistiges Gut schutzloser ist als materielle Güter, Erben also gar nicht oder verkürzt über das Werk bestimmen dürfen und finanziell weniger oder gar nicht davon profitieren können?

CDU
Jens Koeppen – Mitglied der Enquete-Kommission »Internet und digitale Gesellschaft«

Die bestehenden Schutzfristen sind aus meiner Sicht angemessen. Mit dem 8. Urheberrechtsänderungsgesetz, dass diese Woche erstmalig im Bundestag beraten wird, werden wir für Musikleistungsschutzrechte die Schutzdauer sogar verlängern. Eine Verkürzung der Schutzdauer wird lediglich von den Grünen und den Piraten gefordert.

SPD
Siegmund Ehrmann – Sprecher der SPD-Arbeitsgruppe »Kultur und Medien« in der Bundestagsfraktion

Die Diskussion über eine Veränderung der Schutzfristen hat im Grunde mit dem Vorschlag der EU-Kommission für eine Richtlinie zur Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte (KOM(2008) 464 endg.), der sog. Schutzdauerrichtlinie begonnen. Darin wurde vorgeschlagen, die Schutzdauer für ausübende Künstler und Tonträgerhersteller auf 95 Jahre zu verlängern. Fraktionsübergreifend hat sich der Deutsche Bundestag damals dafür ausgesprochen, die Schutzdauer für ausübende Künstler und Tonträgerhersteller auf höchstens 70 Jahre zu verlängern (BT-Drs. 16/13674). Diesem Vorschlag ist die EU-Kommission gefolgt. Ende Oktober 2012 hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Umsetzung dieser EU-Vorgaben beschlossen, der eine Verlängerung der Schutzdauer von Rechten ausübender Künstler und Tonträgerhersteller auf 70 Jahre vorsieht. Dieser Gesetzentwurf wird zeitnah im Deutschen Bundestag zu beraten sein.

Die SPD ist der grundlegenden Überzeugung, dass Schutzfristen eine Voraussetzung dafür sind, dass Urheber von den Einnahmen aus der Verwertung ihrer Arbeit in Form von Lizenzeinnahmen und pauschaler Vergütung profitieren können. Das gilt für uns uneingeschränkt fort. Die Enquete-Kommission »Internet und digitale Gesellschaft« hat dieses Thema naturgemäß kontrovers diskutiert. Den Argumenten für eine Verlängerung der Schutzfristen wurde gegenüber gestellt, dass durch kürzere Schutzfristen ein regerer Wettbewerb zwischen Werkvermittlern sowie ein breiteres Angebot von Kulturgütern erwartet werden könne. »Auf der anderen Seite könnten verkürzte Schutzfristen das unternehmerische Risiko vergrößern. Dies könnte auch zu einem Verlust an Vielfalt und Qualität von Kulturgütern führen.«, so die Enquete-Kommission in ihrem Zwischenbericht zum Urheberrecht (BT-Drs. 17/7899). Im Ergebnis – und dieser Handlungsempfehlung hat sich die SPD angeschlossen – kommt die Enquete-Kommission zu folgendem Ergebnis: »(…) Eine weitere Verlängerung der Schutzfristen erscheint nicht sinnvoll. Die Enquete-Kommission empfiehlt dem Deutschen Bundestag von weiteren Ausdehnungen der Schutzfristen Abstand zu nehmen und die Bundesregierung aufzufordern, sich auf europäischer Ebene gegen eine Verlängerung der Schutzfristen auszusprechen.«

 

Bündnis 90 / Die Grünen
Dr. Konstantin von Notz – Mitglied der Enquete-Kommission »Internet und digitale Gesellschaft«

Funktion des Urheberrechts ist es, einen gerechten Ausgleich zwischen widerstreitenden Interessen zahlreicher Art und Qualität herzustellen. Es handelt sich nicht um ein bestimmte Gruppen einseitig bevorzugendes Instrument zu deren alleinigem Schutz. Der digitale Wandel zwingt zu einer gesellschaftlichen Klärung, wie dieser Ausgleich aussehen kann. Wir erarbeiten dazu bereits seit einigen Jahren konkrete Vorschläge. Wir wollen eine grundlegende Reform des Urheberrechts und dabei Fragen der Teilhabe und Handelbarkeit immaterieller Güter nicht aus den Augen verlieren. Tragende Charakteristika von Netzwerken wie eine schnelle Verbreitung von Inhalten und eine größere Streubreite von Informationen sind Motor für unsere Reformüberlegungen.

Zur Frage der Schutzfristen hat die grüne Bundespartei einen Passus im Parteitagsbeschluss der Kieler Bundesdelegiertenkonferenz vom 25.–27. November 2012 mit großer Mehrheit verabschiedet:

http://www.gruene.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/BDK_2011_Antraege/D…

Dort heißt es: »In diesem Prozess gilt es Wege zu erarbeiten, um die Flexibilisierung und Verkürzung der Schutzfristen im Urheberrecht zu erreichen. Dazu wollen wir bis zur Erstellung des Bundestagswahlprogramms Möglichkeiten der Veränderung und Flexibilisierung der gegenwärtig sehr langen urheberrechtlichen Schutzfristen prüfen, um den Zugang und die Nutzung von Werken weiter zu erleichtern. Dabei könnte in einem der zu prüfenden Modelle bspw. die Schutzfrist auf die Dauer der Lebenszeit der UrheberInnen beschränkt werden.«

Das Urheberrecht entspricht in seiner Bezugnahme auf Immaterialgüter gerade nicht dem der materiellen Güter. Das Zurückfallen an die Allgemeinheit nach einer gewissen Zeit entspricht den Besonderheiten und dem Ursprung immaterieller Güter. Schutzfristen dienen nur bedingt der Handelbarkeit immaterieller Güter. Die immer wieder geforderte Gleichsetzung mit materiellem Eigentum führt in diesem Zusammenhang zu solch absurden Phänomenen wie verwaisten Werken, die niemand mehr nutzen und verwerten kann. Die Festlegungen auf Jahrzehnte nach dem Ableben der Urheber selbst entspricht politischen Übereinkünften, gegen eine erneute Verlängerung der Schutzfristen haben sich nahezu alle Sachverständigen der Enquete-Kommission »Internet und digitale Gesellschaft« geäußert.

Die Vorteile auch und gerade für UrheberInnen lägen in einer vereinfachten Form der Verwendbarkeit und Nutzbarkeit von vormals aufgrund des Schutzes nur schwierig oder überhaupt nicht verwendbaren Inhalten. Dieser Punkt findet seinen Niederschlag in der Debatte etwa um die sogenannten Remixes und Mash-ups.

 

FDP
Jimmy Schulz – Mitglied der Enquete-Kommission »Internet und digitale Gesellschaft«

Es muss ein fairer Interessenausgleich zwischen Urheber und Nutzer geschaffen werden. Der Vorteil kürzerer Schutzfristen wäre, dass mehr Werke der Öffentlichkeit zur Verfügung stünden. Fraglos sollen diejenigen, die etwas erschaffen, entlohnt werden, deshalb dürfen die Schutzfristen für Werke nicht komplett in Frage gestellt werden. Gleichzeitig darf aber die Bereicherung der Gesellschaft durch Zugang zu den Werken nicht vergessen werden. Der neue, durch die Digitalisierung entstandene, intensive Wissens- und Kulturaustausch soll gefördert werden, damit die Gesellschaft sich weiterentwickelt.

Deshalb glaube ich, dass zum Beispiel die Verwendung von urheberrechtlich geschützten Materialien aus kulturellen, politischen und edukativen Gründen gestattet sein soll, solange kein direkter finanzieller Vorteil mit der Nutzung verbunden ist und sie grundsätzlich der Allgemeinheit zur Verfugung steht. Auch freue ich mich, dass das Bundesjustizministerium einen Gesetzentwurf zur Regelung des Umgangs mit den sogenannten verwaisten Werken vorschlagen wird.

 

Die Linke
Petra Sitte – Stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Deutschen Bundestag

Wir halten in der derzeitigen Urheberrechtsdiskussion das Thema der Schutzfristen für überbewertet. Die Schutzfristen sind international harmonisiert und lassen sich nicht einfach verkürzen. Im Gegenteil sind sie in den vergangenen Jahren immer nur verlängert worden. So zuletzt bei der Schutzfristverlängerung für die Leistungsschutzrechte der Tonträgerhersteller, bei der ausdrücklich beschlossen wurde, dass sich mit der Verlängerung der Schutzfrist auch die Rechteabtretung an die Verwerter verlängert. Obwohl man ebenso gut hätte festlegen können, dass die Rechte nach Ablauf der ursprünglich vereinbarten Frist an den Künstler zurückfallen. Dann hätte dieser zumindest nachverhandeln können. Stattdessen muss er sich mit einer mageren Beteiligung von 20% an den zusätzlichen Einnahmen zufrieden geben. Das zeigt: Schutzfristverlängerungen nutzen nicht automatisch den originären Rechteinhabern, sondern meist nur ihren Vertragspartnern.

Doch selbst wenn die Rechte wirklich bei den Erben verstorbener Urheber verbleiben, bleiben sie nicht nur bei den Kindern, sondern mindestens bis zu den Urenkeln. Einen solchen Schutz genießt das materiell Erbe nicht. Hier liegt es an jeder Generation aufs Neue, aus dem Geerbten Nutzen zu ziehen.

Auch ist bereits heute geistiges Gut anders geschützt als materielle Güter. Bereits heute besteht das Urheberrecht aus einer Interessensabwägung zwischen den Ansprüchen der Rechteinhaber und dem Anrecht der Gesellschaft auf freien Zugang zu Wissen und Information. Und selbst bei materiellen Gütern hat das Grundgesetz in Artikel 14(2)die Sozialpflichtigkeit des Eigentums festgeschrieben.

Einen Vorteil von verkürzten Schutzfristen hätten übrigens die Urheber selbst, insofern sie auf eine größere Fülle von Material zugreifen könnten, für dessen Nutzung sie derzeit zahlen müssen, wenn sie es in eigene Werke inkorporieren müssen oder wollen. Die Aufnahmen von Motiven, Zitaten oder ganzen Werkteilen zum Beispiel in Collagen ist ein jahrhundertealtes künstlerisches Verfahren für das unter anderem mit der Intertextualitätsforschung eigens eine Wissenschaftdisziplin entstanden ist. Einige der genannten kreativen Arbeitstechniken sind bereits durch das Zitatrecht gedeckt, andere aber bewegen sich gerade aufgrund der langen Schutzfristen in problematischen Grauzonen. Dies ist insbesondere ein großes Problem für alle Künstler, die im Popkulturbereich mit der Fülle von vorhandenem Medienmaterial arbeiten wollen.

Leider wissen Erben oft gar nicht, dass sie Rechte an den Werken ihrer Vorfahren halten. Außer bei sehr bekannten Urhebern verwaisen die Werke deshalb sehr schnell, und schon nach wenigen Jahrzehnten ist der Rechteinhaber vielfach nicht mehr zu ermitteln. Die Werke können dann gar nicht genutzt werden und geraten in Vergessenheit, was weder im Interesse der verstorbenen Urheber ist, denen damit die Anerkennung der Nachwelt entgeht, noch im Interesse der Erben, die daran nichts verdienen. Sinnvoll wäre deshalb für verwaiste Werke eine Schrankenregelung, in deren Rahmen für bestimmte Nutzungen eine Vergütung vorzusehen wäre.

Ohnehin scheint uns, dass es besser wäre, mehr Nutzungshandlungen im Rahmen von Schranken gegen eine Vergütung zu erlauben, als kulturelle Werke ungenutzt brachliegen zu lassen. Sicher kann man das auch den Kindern verstorbener Urheber erklären. Was man Kindern nicht so leicht erklären kann, ist, warum jedes Party-Knipsbild bei Facebook 70 Jahre über den Tod des Fotografen hinaus geschützt sein muss, oder warum man abgemahnt werden kann, wenn man Prinzessin Lillifee als Profilbild einrichtet.

Übrigens ist die LINKE der Auffassung, dass beim Erbrecht grundsätzlich einiges im Argen liegt, doch dies nur am Rande.

 

Piratenpartei
Bruno Kramm – Politischer Geschäftsführer des Landesverbandes Bayern

Wir halten die bestehenden Schutzfristen, die auch noch regelmäßig verlängert werden, für maßlos überzogen und setzen uns für eine Schutzfristenverkürzung ein. Das aktuelle Wahlprogramm der Piratenpartei sieht eine Verkürzung der Schutzfristen auf höchstens 10 Jahre nach dem Tod des Urhebers vor, bei Filmwerken auf 50 Jahre nach Ersterscheinung. Da das europäische Urheberrecht die Person des Urhebers in den Vordergrund stellt, ist es auch nciht nachvollziehbar, dass Schutzfristen lange über die Lebensdauer des Urhebers hinweg gelten. Wir sehen damit außerdem das Gleichgewicht zwischen den Interessen von Urhebern und Allgemeinheit verletzt. Die Ungleichbehandlung geistiger und materieller Güter lässt sich auch umkehren, so erhält der Architekt eines Bauwerks neben seiner Vergütung lebenslange Exklusivrechte, während der Bauarbeiter, der das Bauwerk errichtet, sich mit einem fixen Lohn zufrieden geben muss

Bestrebungen, Schutzrechte noch weiter zu verkürzen, besipielsweise diese nur für 10 oder 25 Jahre nach Erscheinen des Werks zu binden, sehen wir allerdings kritisch, da die Profiteure davon in erster Linie die Verwerter wären, die nach Ablauf einer relativ kurzen Zeit ohne Beteiligung und Einverständnis des Urhebers dessen Werke kommerziell nutzen könnten.

 

Nachgefragt II

 

Es wird diskutiert, eine Kulturflatrate einzuführen. Die nicht gewerbliche Nutzung von Fotos soll durch eine pauschal erhobene Gebühr legitimiert werden. Die Verwendung von Fotos wäre dann ohne die Kontrolle des Urhebers möglich. Es wäre also auch denkbar, dass Ihr Bild legal auf der Seite eines Neonazis genutzt wird. Fotografen achten nicht nur die Persönlichkeitsrechte der abgebildeten Personen, sie sind sogar für die Wahrung der Rechte der Abgebildeten verantwortlich. Nur der Fotograf weiß, ob, wo und wie sein Protagonist abgebildet werden möchte.

Wie wollen Sie sicherstellen, dass Fotografen auch in Zukunft dieser großen juristischen und persönlichen Verantwortung nachkommen können?

 

CDU
Jens Koeppen – Mitglied der Enquete-Kommission »Internet und digitale Gesellschaft«

Ich lehne pauschale Vergütungsmodelle von urheberrechtlich geschützten Inhalten, wie es die Kulturflatrate ja wäre, ab. Eine Kulturflatrate würde unverhältnismäßig in die Grundrechte der Kreativen eingreifen und gleichzeitig die Geschäftsmodelle der Kreativwirtschaft staatlich vorgeben. Das ist schon mit den Grundüberzeugungen der Sozialen Marktwirtschaft nicht vereinbar und es wäre auch eine Bevormundung für den Nutzer. Denn die Nutzer würden unabhängig von dem konkreten Konsumverhalten zu einer gesetzlich verordneten Zahlung verpflichtet.

 

SPD
Siegmund Ehrmann – Sprecher der SPD-Arbeitsgruppe »Kultur und Medien« in der Bundestagsfraktion

Die gestellte Frage führt ein wenig weg von der zuvor gemachten Festellung zur Kulturflatrate. Eine allgemeine, pauschale Kulturflatrate ist als Modell, Urhebern eine Vergütung aus der nichtkommerziellen Weitergabe und Vervielfältigung von digitalen, urheberrechtlich geschützten Werken zu gewähren, aus Sicht der SPD keine geeignete Lösung. Denn eine solche Zwangsabgabe würde zu einer erheblichen Belastung auch derjenigen führen, die das Internet nur in geringem Umfang nutzen. Sie ist im Übrigen mit einer Legalisierung der massenhaften unerlaubten nichtkommerziellen Nutzung digitaler Werke verbunden und entzieht dem Urheber damit die Befugnis, über die Nutzung seines Werkes selbst zu entscheiden. Schwierig ist zudem, eine gerechte Verteilung des Aufkommens an die Künstler, die sich an den Downloadzahlen orientieren müsste, zu gewährleisten. Demgegenüber begrüßt die SPD Modelle, die sich auf die Lizensierung von Musik beziehen. Wir können uns solche Modelle auch für andere digitale Inhalte vorstellen.

Insofern ist diese Frage gesondert von der Frage nach Persönlichkeitsrechten abgebildeter Personen zu betrachten. Diese werden auch in Zukunft in genau gleich verantwortungsvoller Weise von Fotografen zu berücksichtigen sein.

 

Bündnis 90 / Die Grünen
Dr. Konstantin von Notz – Mitglied der Enquete-Kommission »Internet und digitale Gesellschaft«

Es werden viele Modelle der Kulturflatrate diskutiert. Wir Grüne haben diese Debatte angestoßen, weil wir den Gedanken des Ausgleichs im Urheberrecht in den Mittelpunkt stellen. Für die UrheberInnen bedeutet dies einen Mehrwert dort, wo sie ansonsten heute völlig leer ausgehen.

Einen weiteren Ausbau des Verfolgungsregimes im Wege von Abmahnungen bis hin zur Kriminalisierung nichtgewerblicher Nutzungen des Web lehnen wir ab. Wir haben die grundsätzliche verfassungsrechtliche Zulässigkeit der KFR prüfen lassen und uns die Machbarkeit belegen lassen. Wir haben ergebnisoffen ein weiteres Gutachten in Auftrag gegeben, in dem die einfachgesetzliche Realisierbarkeit und der wirtschaftliche Output geprüft wird. Ob und in welchem Umfang welche Medienformen einbezogen werden, ist damit nicht festgelegt worden. Wir sind der Auffassung, dass wir mit diesen Untersuchungen gerade auch im Sinne der UrheberInnen investieren.

FotografInnen sind davon ganz unabhängig selbstverständlich an die Einhaltung der urheberrechtlichen, persönlichkeitsrechtlichen und kunsturheberrechtlichen Bestimmungen, wie auch die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches gebunden.

 

FDP
Jimmy Schulz – Mitglied der Enquete-Kommission »Internet und digitale Gesellschaft.

Ich persönlich und die FDP-Bundestagsfraktion lehnen eine Kulturflatrate ab, gerade weil sie zu einer Enteignung der Urheber führen würde. Zudem fände eine nicht wünschenswerte Umverteilung der Kosten zwischen den Nutzern statt.

 

Die Linke
Petra Sitte – Stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Deutschen Bundestag

Die Verantwortung der FotografInnen gegenüber den abgebildeten Personen hängt unserer Meinung nach nicht ursächlich mit Pauschalvergütungsmodellen zusammen.

Ob für die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke per Einzelabrechnung oder im Rahmen eines Flatrate-Modells gezahlt wird, hat keinen Einfluss auf eventuell von der Nutzung tangierte Persönlichkeitsrechte. Die Kulturflatrate wird in aller Regel als Nachnutzungsmodell diskutiert, sprich mit der Zahlung einer Pauschale soll die private, nicht-kommerzielle Nutzung von Werken abgegolten werden, die bereits veröffentlicht sind. Die Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Abgebildeten obliegt insofern demjenigen, der die Erstveröffentlichung vornimmt. Doch selbst wenn man davon ausgeht, dass im Rahmen einer Kulturflatrate eben solche Erstveröffentlichungen abgegolten sein sollen, ändert dies nichts daran, dass natürlich derjenige, der sie vornimmt, in der Verantwortung steht, die Rechte Dritter zu wahren. Dass es Probleme mit der Haftung von Fotografen für Verletzungen der Persönlichkeitsrechte der Abgebildeten geben kann, erklärt sich daraus, dass auch die Kunstfreiheit Grenzen hat, wo Rechte Dritter tangiert sind.

Schon heute ist die Verwendung von Fotos im Netz technisch denkbar einfach und geschieht permanent ohne Vorab-Kontrolle der UrheberIn. Schon heute gibt es aber auch Such- und Filtersoftware, anhand derer sich mithilfe der Metadaten eines Bildes herausfinden lässt, wo es verwendet wird. Eine Kontrolle nach Veröffentlichung ist so weitgehend automatisiert möglich. Eine Kontrollmöglichkeit, die es bei missbräuchlich verwendeten Bildern in analogen Publikationen so nicht gibt. Während es heute neben dem Suchaufwand auch noch den Aufwand gibt, die entgangenen Vergütungen einzuklagen, wäre die rechtskonforme Nutzung durch eine Pauschalabgabe abgegolten. Die pauschale Vergütung würde hier an die Stelle von potentiellen Einnahmeausfällen treten und stellt also für diesen Punkt eine Erleichterung dar. Die Suche nach anderen Rechtsverletzungen, beispielsweise von den von Ihnen angesprochenen Persönlichkeitsrechten, würde durch eine Pauschalvergütung nicht anders als heute verlaufen, also nicht erschwert werden.

Ob und wie FotografInnen auch in Zeiten der Digitalisierung der Verantwortung nachkommen können und müssen, die Persönlichkeitsrechte abgebildeter Personen zu wahren, ist für uns unabhängig von Vergütungsmodellen ein spannendes Thema, dass wir gerne mit Ihnen gesondert diskutieren.

Zuletzt sei angemerkt, dass DIE LINKE sich bisher nicht für die Einführung einer Kulturflatrate ausgesprochen hat, weil wir neben einigen großen Vorteilen durchaus auch die problematischen Punkte dabei sehen. Wir setzen uns vielmehr dafür ein, verschiedene der derzeit diskutierten neuen Vergütungsmodelle in Praxistests zu evaluieren, bevor eines davon politisch durchgesetzt wird.

 

Piratenpartei
Bruno Kramm – Politischer Geschäftsführer des Landesverbandes Bayern

Wir betrachten Persönlichkeitsrechte, Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre unabhängig vom Urheberrecht als äußerst schützenswerte Güter. Bei einer von uns geforderten Freigabe der nichtkommerziellen Vervielfältigung und Nutzung obliegt den Nutzern der Fotos, auf eventuelle Konflikte mit den Persönlichkeitsrechten der abgebildeten Personen zu achten. Im Falle einer Verletzung von etwaigen Persönlichkeitsrechten darf der Urheber nicht in Mithaftung gezogen werden. Digitalfotografie ist wie die Verbreitung ihrer Resultate im Netz längst ein Massenphänomen und gehört zur modernen Medienkompetenz junger Menschen. Der Übergang zwischen professionellen Fotografen und Amateuren löst sich dabei zunehmend auf. Beide Gruppen stellen häufig bei Stockdiensten im Netz gleichermassen ihre Werke zur Nutzung zur Verfügung.

Die Gegenwartsrealität hat dabei einen sehr einfachen Bezug zu Werken geschaffen, auch der Fotografie: Wenn etwas veröffentlicht wurde, ist es öffentlich. Und wird weitergegeben. Das ist nicht verhinderbar, sollte aber durch eine Verwertungspauschaule (via VG Bild) kompensiert werden. Die Persönlichkeitsrechte werden übrigens nur durch die Erstveröffentlichung berührt, ein privater Nutzer kann dann davon ausgehen, dass diese Rechte im Rahmen der Veröffentlichung eingehalten wurden und werden.

 

Nachgefragt III

 

Der Gesetzgeber hat 2002 erkannt, dass Urheber im Verhältnis zu ihren Verwertern per se die Schwächeren sind. Zur Stärkung der Urheber hat er in § 32 des Urhebergesetzes den Urhebern wichtige Rechte zugesichert. Dazu gehören das Recht auf angemessene Vergütung und das Recht auf Vertragsänderung. Dieses Gesetz wird von den Verwertern mit Füßen getreten: Noch mehr als im Jahr 2002 sind 2012 Buyout-Verträge, also Verträge, die dem Urheber gegen die Zahlung kleiner und kleinster Beträge alle Verwertungsrechte wegnehmen, die Regel. Es gilt also weiterhin das Gesetz des Stärkeren.

Ist Ihnen geistiges Eigentum so wichtig, das Sie sich eine angemessene Vergütung für Urheber wünschen? Wie wollen Sie in Zukunft sicherstellen, dass die Urhebergesetze befolgt werden? Sehen Sie eine Notwendigkeit, bei der Gesetzgebung nachzubessern? Welche Änderungen können Sie sich vorstellen?

 

CDU
Jens Koeppen – Mitglied der Enquete-Kommission »Internet und digitale Gesellschaft«

Das deutsche Urheberrecht und auch das Urhebervertragsrecht haben sich grundsätzlich bewährt. Natürlich gibt es zwischen Vertragspartnern immer unterschiedliche Auslegungen der Gesetze, das erleben wir auch in anderen Branchen. Wichtig ist aber, dass Urheber und Verlage verstehen, dass sie Partner sind. Deswegen sollten sie ihre Verträge auch möglichst ohne staatliche Bevormundung aushandeln können.

Ich sehe die Herausforderungen viel mehr bei der Durchsetzung des Urheberrechts – gerade für die einzelnen Urheber. Denn wenn die Verlage weniger verdienen, können sie den Urhebern auch weniger bezahlen. Daran ändert auch eine Änderung des Urhebervertragsrechts nicht.

 

SPD
Siegmund Ehrmann – Sprecher der SPD-Arbeitsgruppe »Kultur und Medien« in der Bundestagsfraktion

Die SPD setzt sich für ein modernes Urheberrecht in der digitalen Gesellschaft ein, das Kreative und Urheber stärkt und das Recht mit neuen digitalen Nutzungspraktiken in Einklang bringt. Unser Ziel ist es, einen fairen und gerechten Ausgleich der Interessen von Urhebern, Verwertern und Nutzern sicherzustellen. Das Einkommen des Urhebers aus der kommerziellen Verwertung seiner Werke muss angemessen sein. Die SPD tritt dafür ein, den Urheber im Verhältnis zum Verwerter zu stärken. Das seit 10 Jahren geltende Urhebervertragsrecht soll die strukturell schwächere Position des Urhebers in den Vergütungsverhandlungen mit dem Verwerter ausgleichen. Damit das in der Praxis gelingt, müssen die im Gesetz vorgesehenen Konfliktlösungsmechanismen wirksamer gestaltet und um effektive Kontroll- und Sanktionsinstrumente ergänzt werden.

 

Bündnis 90 / Die Grünen
Dr. Konstantin von Notz – Mitglied der Enquete-Kommission »Internet und digitale Gesellschaft«

Das Urhebervertragsrecht zählt zu den vordringlich zu reformierenden Bereichen des Urheberrechts. Die rot-grüne Koalition hat bereits vor zehn Jahren in einem aufwändigen Verfahren weitgehende Veränderungen zugunsten der UrheberInnen angestrebt, die nicht zuletzt in der Umsetzung gezielt und einseitig behindert wurden. Nachdem selbst der BGH durch seine enge Auslegung der Bestimmungen eine urheberfreundliche Auslegung unterbunden hat, muss jetzt erneut versucht werden, das Machtungleichgewicht zwischen UrheberInnen und VerwerterInnen anzugehen. Wir wollen dabei klug vorgehen und keine kontraproduktiven Wirkungen erzielen.

Wichtig erscheint uns, soweit möglich und vorhanden, verbandsseitige verbindliche Aushandlungen in den jeweiligen Sparten, die angemessene Vergütungen sicherstellen. Diese Verhandlungen müssen gesetzlich festgelegt zu Ergebnissen führen, u.a. durch Pflichten zur Schlichtung. Gegen Total-Buyout-Verträge bedarf es gesetzlicher Sicherungen, ohne zugleich die Privatautonomie der UrheberInnen selbst zu behindern oder gar eine Rechtfertigung für noch geringere Bezahlungen auszulösen. Zu prüfen sind deshalb auch Kündigungsrechte der UrheberInnen nach einem bestimmten Zeitablauf ebenso wie mögliche Auskunftsrechte zur Feststellung der Angemessenheit.

 

FDP
Jimmy Schulz – Mitglied der Enquete-Kommission »Internet und digitale Gesellschaft«

Gerade die Urheber – und nicht überholte Geschäftsmodelle der Verwertungsindustrie – sollen gestärkt werden.

Urheber stehen oft finanziell schlecht da, nicht weil es eine Gratis-Kultur im Internet gibt, sondern weil sie von ihren Auftraggebern nicht angemessen bezahlt werden. Obwohl ich glaube, dass das Urheberrecht komplett »neu gedacht« werden muss, statt nur an einzelnen Stellen zu schrauben, wäre eine Stärkung der Urheber bei einer Überarbeitung des Urhebervertragsrechts zu begrüßen. Dies würde den Urhebern bei zukünftig abzuschließenden Verträgen helfen. Allerdings könnten nur Gerichte die Rechtmäßigkeit der bereits bestehenden Verträge zwischen Urhebern und Werkvermittlern beurteilen.

 

Die Linke
Petra Sitte – Stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Deutschen Bundestag

Wir wünschen uns aus vielen Gründen eine angemessene Vergütung für UrheberInnen. Glasklare Total-Buyout-Verträge sind allerdings schon heute angreifbar, da sie gegen den Beteiligungsgrundsatz verstoßen. Wir haben in unserem aktuellen Gesetzentwurf für eine Reform des Urhebervertragsrechts (BT-Drucksache 17-11040) allerdings eine klare Einschränkung für Total-Buyout-Verträge vorgeschlagen:

»Eine zeitlich unbeschränkte und inhaltlich umfassende Einräumung von Nutzungsrechten gegen eine Pauschalvergütung (Total Buyout) ist nur möglich, wenn bei Vertragsschluss zuverlässig vorausgesagt werden kann, dass das Werk innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist nur in einem Umfang genutzt wird, für den das vereinbarte Pauschalhonorar angemessen ist.«

Der Gesetzentwurf enthält noch viele andere Elemente, mit denen wir den Urhebern den Rücken stärken wollen, etwa eine Festschreibung der Vertragszweckbindung bei der Nutzungsrechteeinräumung oder verbesserte Kündigungs- und Widerrufsrechte.

Also ja, wir sehen durchaus die Notwendigkeit, bei der Urheberrechtsgesetzgebung nachzubessern. Deshalb haben wir diesen Gesetzentwurf vor der Veröffentlichung im Rahmen eines offenen Multi-Stakeholder-Prozesses diskutiert, zudem wir auch Freelens per Mail vom 24.05.12 eingeladen hatten. Zahlreiche Vorschläge und Korrekturen, die uns nicht zuletzt von Seiten der Urheber erreicht haben, haben wir für die Endfassung unseres Gesetzentwurfes übernommen.

 

Piratenpartei
Bruno Kramm – Politischer Geschäftsführer des Landesverbandes Bayern

Wie in jeder anderen Branche wird »angemessene Vergütung« durch den Markt bestimmt und kann nicht gesetzlich festgelegt werden. Allerdings ist uns das wirtschaftliche Ungleichgewicht zwischen Urheber und Verwerter und die Schlupflöcher in der aktuellen Gesetzgebung bekannt. Wir setzen uns in unserem Wahlprogramm allerdings für eine Stärkung der Urheber gegenüber den Verwertern ein, insbesondere wollen wir Total-Buyout-Verträge einschränken, beispielweise durch eine Beschränkung der Vergabe ausschließlicher Nutzungsrechte auf 25 Jahre (#15), die Stärkung des Urhebers bei der Weitergabe von Nutzungsrechten an Dritte (#17), Stärkung des Zweitverwertungsrechts (#19) und des Rückrufsrechts (#20) der Urheber.

 

Nachgefragt IV

 

Erkennt ein Urheber, dass er nicht angemessen vergütet wurde, kann er nur im Nachhinein den Verwerter zur Vertragsänderung bewegen. Selbstverständlich ist danach das Verhältnis zwischen Urheber und Verwerter zerstört. Angesichts der Verlagskonzentration in Deutschland käme dieses Vorgehen einem Berufsverbot für die Urheber gleich. Urheberverbände könnten bereits im Vorwege entweder durch den Abschluss gemeinsamer Vergütungsregeln mit Verwertern oder durch Verbandsklagen die Angemessenheit der Vergütungen feststellen lassen. Die erste Lösung, die Vergütungsregeln, werden im Fotobereich seit nunmehr 10 Jahren seitens der Verleger verschleppt – eine Einigung ist nicht in Sicht. Die zweite Möglichkeit der Verbandsklage, um eine abstrakte Buyout-Klausel durch Gerichte überprüfen zu lassen, hat der BGH jüngst in seiner Entscheidung DJV ./. Springer AG (I ZR 73/10) abschließend abgelehnt und damit dem totalen Buyout Tür und Tor geöffnet.

Da Urheber aus den oben angegebenen Gründen bei nicht angemessener Vergütung nicht selbst im Nachhinein die Änderung von Verträgen mit Verwertern anstrengen – setzen Sie sich z. B. für eine Verbandsklagebefugnis hinsichtlich der Inhaltskontrolle und der Überprüfung abstrakter Buyout-Klauseln in Verträgen und AGB ein oder sehen Sie andere Lösungswege?

 

CDU
Jens Koeppen – Mitglied der Enquete-Kommission »Internet und digitale Gesellschaft«

Ich setze mich seit jeher für Leistungsgerechtigkeit ein. Wer gut arbeitet, verdient auch eine gute Bezahlung. Das gilt natürlich auch für Urheber und Fotografen.

Die gemeinsamen Vergütungsregeln im Urhebervertragsrecht sollten ursprünglich einem Tarifvertrag entsprechen. Auch da gibt es lange Verhandlungen, aber wenn sie zu lange dauern gibt es eben Streik. Auch die Urheber können sich zusammenschließen und streiken. Die Urheber müssen den Verwerter wie auch der Bevölkerung deutlich machen, was ihre Arbeit wert ist.

Von einem Verbandsklagerecht halte ich jedoch nichts. Im Arbeitsrecht gibt es kein Verbandsklagerecht der Gewerkschaften. Warum sollte es für die Urheber also in diesem Bereich Ausnahmen geben. Wer Recht bekommen will, muss sich dafür auch streiten. Im Übrigen könnte dies dazu führen, dass sich Urheber nicht mehr für ihre eigenen Rechte einsetzen.

 

SPD
Siegmund Ehrmann – Sprecher der SPD-Arbeitsgruppe »Kultur und Medien« in der Bundestagsfraktion

Zu den in der Antwort auf 3.) beschriebenen möglichen Änderungen des Urhebervertragsrechts gehört auch das sog. Verbandsklagerecht. Auch hier sollte aus unserer Sicht geprüft werden, ob die Einrichtung eines Verbandsklageverfahrens zur Durchsetzung der Vergütungsansprüche beitragen könnte.

 

Bündnis 90 / Die Grünen
Dr. Konstantin von Notz – Mitglied der Enquete-Kommission »Internet und digitale Gesellschaft«

Zu den angedeuteten, nicht abschließend aufgezählten Lösungen, die wir auch derzeit noch intensiv diskutieren siehe Antwort zu Frage 3. Wir Grünen stehen dem Instrument der Verbandsklage in einer ganzen Reihe von Fällen grundsätzlich positiv gegenüber, würden uns aber insgesamt nachhaltigere Problemlösung wünschen, die das Problem nicht allein auf die Gerichte verlagert, die ebenfalls z.B. mit der Feststellung der Angemessenheit überfordert sein dürften.

 

FDP
Jimmy Schulz – Mitglied der Enquete-Kommission »Internet und digitale Gesellschaft«

Ich glaube, dass in der Regel das Individuum selbst seine Rechte wahrnehmen soll. Beim Urheberrecht gibt es diese Möglichkeit: Wird vermutet, es sei nicht angemessen vergütet worden, kann eine angemessene Vergütung nach den Regeln des Urheberrechts eingefordert werden, notfalls auch mit gerichtlicher Hilfe. Auch ist bei Verbandsklagen nicht gesichert, dass diese immer dem Interessen des Einzelnen entsprechen. Außerdem besteht die Gefahr, dass bei einem Verbandsklagerechten die Zahl der Gerichtsverfahren sprunghaft steigt. Zusätzlich ist für mich schwer vorstellbar, dass ein guter Journalist am Markt keinen Arbeitgeber findet, nur weil er eine angemessene Bezahlung verlangt.

 

Die Linke
Petra Sitte – Stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Deutschen Bundestag

Wir bedauern das Urteil des BGH in Sachen DJV vs. Springer, können aber die Systematik dieser Rechtsprechung aufgrund der (uns missfallenden) aktuellen Rechtslage nachvollziehen: Insofern die Einräumung von Nutzungsrechten als vertragliche Hauptleistung begriffen wird, bleibt sie der AGB-Kontrolle entzogen, während der individualrechtliche Anspruch auf eine angemessene Vergütung gerade jene Lücke schließen soll, die durch die AGB-Kontrolle verbleibt.

Wir schlagen zur Änderung der Rechtslage in unserem aktuellen Gesetzentwurf zum Urhebervertragsrecht (s.o.) zum einen eine Bindung der Nutzungsrechteeinräumung an den Vertragszweck vor. Zum anderen fordern wir sowohl im Hinblick auf § 32 (angemessene Vergütung) als auch in Hinblick auf § 36 (gemeinsame Vergütungsregeln) eine Verbandsklagebefugnis.

Andere Lösungswege? Wir sind der Meinung, dass Urheberverbände zumindest die Einhaltung gemeinsamer Vergütungsregeln auch heute schon im Rahmen der Verbandsklage durchsetzen könnten, nämlich in Form einer Unterlassungsklage nach dem Urheberwahrnehmungsgesetz. In dem aktuellen Positionspapier des Deutschen Journalistenverbands zum Urheberrecht vom April 2012 wird auf S. 29 auf diese Möglichkeit verwiesen.

 

Piratenpartei
Bruno Kramm – Politischer Geschäftsführer des Landesverbandes Bayern

Wie oben beschrieben setzen wir uns für gesetzliche Einschränkungen für Buyout-Verträge ein. Außerdem fordern wir die Offenlegung von beschlossenen Vergütungsregeln (#18), damit diese als Referenz bei zukünftigen Verhandlungen zwischen Urhebern und Verwertern benutzt werden können. Ein Verbandsklagerecht kann gerade in der Auseinandersetzung mit Verlegern zu einer Waffengleichheit fördern. Die Piraten setzen sich für die Stärkung der Urheber gegenüber Verlegern ein.

Dass Urheber eine so geringe Vertragsverhandlungsmacht haben, liegt zum grossen Teil an der übergrossen Konzentration auf wenige Verlagskonzerne. Hier müssen die Urheber sehr wohl die Möglichkeit erhalten, genossen- oder gewerkschaftlich zu agieren. Die Verwertungsgesellschaften haben sich dafür leider als zu verlagsnah und damit ungeeignet herausgestellt. Eine »Gewerkschaft der freien Fotografen« etwa sollte ein Recht auf Verbandsklage erhalten. Zudem muss die Vergütung etwa der privaten Nutzung stärker zum Einkommen der Bildschaffenden beitragen.

 

Nachgefragt V

 

Deutschland gilt als das Land der Dichter und Denker. Übertragen auf die heutige Zeit also ein Land der Urheber, der Schaffenden, des Geistes. In der abendländischen Tradition wird bei uns derjenige geächtet, der dem Anderen etwas wegnimmt. So stehen z. B. Ladendiebstahl, Handydiebstahl oder Autodiebstahl nicht nur unter Strafe, sondern sie ziehen auch eine soziale Ausgrenzung nach sich. Der Diebstahl von geistigem Eigentum jedoch scheint Usus zu sein und zieht auch nur selten eine juristische Verfolgung und erst recht keine soziale Ächtung nach sich.

Wie würden Sie das kulturelle Bewusstsein in Deutschland schärfen? Oder: Was sagen Sie Ihren Mitmenschen, wenn Sie diese beim illegalen Download erwischen oder fragen Sie auch mal nach, woher das schöne Foto auf der Firmenwebseite stammt?

 

CDU
Jens Koeppen – Mitglied der Enquete-Kommission »Internet und digitale Gesellschaft«

Die Kreativwirtschaft ist heute die zweitgrößte Branche in Deutschland und ohne Kultur wäre unser Land nicht so lebenswert. Ich setze mich daher sehr für die ökonomischen wie auch kulturpolitischen Belange der Kreativen in Deutschland ein.

Der illegale Download ist heute schon illegal und wird mit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auch illegal bleiben. Neben der Rechtsdurchsetzung und Rechtsverfolgung müssen wir aber auch die Akzeptanz für das Urheberrecht stärken. Dazu müssen wir die Verbraucher aufklären. Hier sind Politik, Verbände sowie die gesamte Gesellschaft gemeinsam gefordert.

 

SPD
Siegmund Ehrmann – Sprecher der SPD-Arbeitsgruppe »Kultur und Medien« in der Bundestagsfraktion

Längst ist das Urheberrecht kein Thema mehr nur für einzelne Spezialisten, sondern betrifft viele Menschen in ihrem Arbeits- und Lebensalltag. Fragen im Umgang mit dem Recht am geistigen Eigentum ergeben sich in der digitalen Welt immer öfter und werden zunehmend komplexer. Was man wie verwenden, kopieren, runterladen, bearbeiten, neu mixen usw. darf oder auch nicht darf, ist nicht immer auf den ersten Blick erkennbar. Gleichwohl machen es die Digitalisierung und das Internet immens einfach, Bilder, Texte, Musik und andere künstlerische und kreative Werke zu nutzen.

Das darf nicht davon ablenken, dass Urheber und Kreative für ihre Arbeit angemessen zu vergüten sind. Sie sind es, die mit ihrer kreativen, künstlerischen und geistigen Arbeit Werte schaffen, von denen sie selbst, aber auch Verwerter und Nutzer profitieren. Nutzerinnen und Nutzer dürfen zugleich nicht unverhältnismäßig kriminalisiert werden. Sie haben ein berechtigtes Interesse daran, dass Inhalte mit den digitalen Möglichkeiten gut zugänglich und nutzbar sind, zu einem als fair empfundenen Preis. Die Verwerter (Verlage, Plattenfirmen u.a.) wiederum ermöglichen es den Urhebern, ihr geistiges Schaffen zu vermitteln, zu vermarkten und dafür eine Vergütung zu erlösen.

Diese vielfältigen Interessen müssen in Einklang und zu einem fairen Ausgleich gebracht werden. Das kann nur im Dialog geschehen. Darum bemüht sich die SPD-Bundestagsfraktion im Rahmen des »Kreativpaktes« (http://www.spdfraktion.de/kreativpakt). Unser Ziel und Anspruch ist es, ein Konzept zu erarbeiten, das die Freiheit der Kommunikation im Netz und die Rechte derer, die von kreativer Arbeit leben, gleichermaßen schützt. Statt Nutzer zu kriminalisieren, brauchen wir attraktive und nutzerfreundliche Geschäftsmodelle, die eine Vergütung des Urhebers ermöglichen. Und ganz sicher brauchen wir auch öffentliche Aufklärung über den Wert des geistigen Eigentums bspw. in Form von Initiativen für mehr Medienkompetenz von Menschen aller Altersgruppen.

 

Bündnis 90 / Die Grünen
Dr. Konstantin von Notz – Mitglied der Enquete-Kommission »Internet und digitale Gesellschaft«

Die gesellschaftliche Nachfrage nach kulturellen Leistungen ist weiterhin ungebrochen hoch. Damit korrespondieren z. B. die weiter ansteigenden Umsätze der Verwertungsindustrie. Einzelne Urheberbereiche haben gleichwohl seit jeher einen schwierigen Stand, was die Finanzierung der Tätigkeiten selbst angeht, es ist deshalb Gegenstand kluger und vielschichtiger Kulturpolitik, entsprechende entlastende Rahmenbedingungen zu schaffen. Das Urheberrecht selbst kann hier nur begrenzt wirken, es nimmt vielmehr selbst teil an einer harten Auseinandersetzung um die Akzeptanz als eine den Rechtsfrieden vermittelnde und stiftende Ressource, wenn es die tragende Idee des Ausgleichs der widerstreitenden Interessen aus den Augen verliert.

 

FDP
Jimmy Schulz – Mitglied der Enquete-Kommission »Internet und digitale Gesellschaft«

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Die Linke
Petra Sitte – Stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Deutschen Bundestag

Wir sind der festen Überzeugung, dass das kulturelle Bewusstsein materielle wie immaterielle Wertschätzung der Kreativen umfassen muss. Sowohl ein öffentliches Teilen als auch illegales Downloaden kreativer Inhalte kann dabei durchaus auch aufgrund der Wertschätzung für das einzelne Werk geschehen. Doch von immaterieller Wertschätzung können sich insbesondere freischaffende Kreative natürlich nichts kaufen. Eine digitale Kostenloskultur wäre also wirklich verheerend. Wir sind allerdings der festen Überzeugung, dass es diese nicht im oft behaupteten Ausmaß gibt. Im Gegenteil. Wo bequeme Bezahlmodelle vorhanden sind, zahlen die NutzerInnen bereitwillig. Und während sich an rund einer halben Million Abmahnungen pro Jahr wegen vermeintlicher Urheberrechtsverletzungen vor allem einige wenige Anwaltskanzleien eine goldenen Nase verdienen, geben TauschbörsennutzerInnen, so zeigen es unterschiedliche Erhebungen, überdurchschnittlich viel Geld für Kultur aus.

Dennoch ist es wichtig, neben attraktiven Bezahlmodellen auch grundsätzlich die Notwendigkeit materieller Wertschätzung zu betonen. Dies allerdings wie in den Kampagnen gegen sogenannte Raubkopierer durch Verängstigung und Kriminalisierung zu tun, halten wir für kontraproduktiv. Kreative und NutzerInnen sollten vielmehr das gemeinsame Interesse an regem kulturellen Austausch in den Vordergrund stellen und so gegenseitige Wertschätzung (wieder-)herstellen.

 

Piratenpartei
Bruno Kramm – Politischer Geschäftsführer des Landesverbandes Bayern

Wir sollten uns erinnern, dass die »goldene Zeit« der Dichter und Denker, Wissenschaftler und Ingenieure vor Einführung eines Urheberrechts liegt. Die Nutzung einer geistigen Leistung ist nur dann metaphorisch mit einer Wegnahme finanziellen Gegenwerts beschreibbar, wenn diese Nutzung zu finanziellem Gewinn führt – das Nachsingen eines Gassenhauers unter der Dusche kann in keinem Fall zu einem Vergütungsanspruch führen und stellt auch keinen »Diebstahl« dar. Das Weiterverbreiten eines professionellen Fotos auf einem privaten Facebookaccount ebensowenig. Auch ein »illegaler Download« muss danach beurteilt werden, ob er eine Gewinnerwartung an sich hat – bei rein privater Nutzung ohne z.B. Weiterverkauf würde die bereits im UrhG beschriebene pauschale Abgeltung greifen, eine Illegalität muss in kommenden Novellierungen des UrhG ausgeschlossen werden.